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Das Verhalten der Warzenente

4. ZUSAMMENLEBEN MIT ANDEREN ARTEN UND RASSEN
PINGEL (1989, pp. 144) beschreibt, daß es, bei einer gemischten
Haltung von Warzenenten mit anderen Entenrassen zu natürlicher
Verpaarung kommt. Dem muß ich widersprechen. Ich habe Laufenten von
Warzenenten ausbrüten lassen. Dabei wurden die Laufente, da ich sie
bei den Warzenenten beließ, auf diese geprägt. Eine der Laufenten
balzte als adultes Tier Berti an, worauf er jedes Mal die Flucht
ergriff. Er zeigte das gleiche Verhalten wie als ob er durch einen
überlegenen Erpel bedroht und verfolgt würde. Ein Laufenten-Erpel
aus diesem Gelege versuchte immer wieder Bea zu vergewaltigen. Auf
seine Balzversuche ging sie nicht ein, sondern behandelte
ihn wie alle anderen Laufente. Es kam zu keinem erfolgreich
abgeschlossenen Tretakt, da sein Körper zu kurz ist. Der Lauferpel
konnte seine Kloake nicht auf die der Warzenente pressen, weil er,
wenn er sich am Nacken der Ente festhielt, nicht bis zu ihrer Kloake
reichte.
Nachdem ich die vier Warzenenten am 30.12.1988 auf mein Gelände
gebracht hatte, lösten sie bei meinen Laufenten, Bassettenhühnem
und Seidenhühnem Panik aus, wenn sie auf diese zugingen. Alle
hielten großen Abstand zu den weißen Warzenenten.
Gleichzeitig mit den Warzenenten kamen ein Stockentenpärchen,
eine Sachsenente und vier Laufenten, die diese Warzenenten kannten,
mit in meinen Garten. Sie ließen den Warzenenten zwar den Vortritt
bei Futter und Wasser, rannten aber nicht vor ihnen weg. Sie schlossen
sich nach mehreren Tagen meiner Laufentenherde an, so daß diese von
ihnen lernten, daß die Warzenenten keine Gefahr bedeuteten.
BILSING ET AL (Bilsing, Nichelmann, Holub, 1989) schreiben:
"Agonistisches Verhalten, das eine gemeinsame Haltung von
Cairina moschata mit anderen Anatinae in Tiergärten nicht gestatten
soll, konnte bei der untersuchten domestizierten Form nicht
beobachtet werden." Das deckt sich mit meinen Beobachtungen.
Mit den Hühnern erwies sich das als viel schwieriger. Auch heute
noch geben sie Alarmrufe von sich, wenn eine Warzenente in den Stall
kommt oder sich den Hühnern nähert, wenn diese sand- oder
sonnenbadend daliegen. Bei Futter und Wasser gehen die Hühner noch
heute weg, wenn eine Warzenente kommt. Bei den anderen Enten kommt
es durchaus zu Drohungen und sogar zu Angriffen der Hühner auf die
Enten, auch dann, wenn die Hühner nicht gerade Küken führen und
dadurch besonders aggressiv sind.
Alle meine Vögel können die jeweiligen Warnrufe der anderen
Arten und Rassen erkennen und dementsprechend reagieren. Bei Warnung
der Hühner vor einem Bodenfeind springen alle Enten, sowohl die
Warzenenten als auch die Lauf- und Stockenten auf und schauen
aufmerksam in die Richtung aus der die Warnung kam. Bei einer Katze
rennen alle hin, umringen sie mit lang gemachtem Hals und fixieren
sie je nur mit einem Auge. Sie hacken nach ihr und versuchen sie am
Schwanz zu erwischen. Bei einer unserer Katzen ist Amanda das geglückt,
weswegen sich diese
Katze nur noch auf dem Boden kriechend, jede Deckung nutzend an den
Warzenenten vorbei traut. Die beiden fremden Kater, die sich öfters in unserem Gelände
aufhalten, werden von den Enten sehr genau beobachtet und verfolgt.
Auch die Warnung vor ihnen ist viel deutlicher als vor den Katzen,
die zu unserem Haushalt gehören.

Katzen, Hühner, junge Warzenenten
und Bubi fressen zusammen. Im Hintergrund sieht man junge
Warzenenten, die den Laufentenstall inspizieren.
Cats, hens, jung muscovy ducks and Bubi eat together. In the
background you can see young muscovy ducks inspiring the stable of
the Indian-runner ducks.
Bei einer Bodenfeindwarnung durch Enten rennen die Hühner
schnell zu ihren Hähnen, stellen sich zu einer Gruppe zusammen und
warten mit aufmerksamer Haltung ab was passiert. Bei der Warnung vor
Flugfeinden (z.B. Mäusebussard) rennen alle Hühner lautlos ins nächste
Gestrüpp und verstecken sich. Alle Enten, egal welcher Rasse,
springen auf und suchen mit zur Seite gelegtem Kopf, so daß sie mit
einem Auge nach oben schauen können, den Himmel ab.

Die Jungen Hühner im Hintergrund
zeigen keine Angst vor den Warzenenten. (Herbst 1989)
The young hens in the background do not show fear about the muscovy
ducks. (Autum 1989)
Kommt es zu einem Angriff durch den Greifvogel, fliehen alle völlig
lautlos. Die Lauf- und Stockenten fliehen völlig kopflos. Einige stürzen
sich in den Teich und tauchen, andere stürzen sich in die Büsche
und wieder andere bleiben dabei in den Zäunen hängen. Die
Warzenenten fliehen gezielt: bei Küken mit Mutter ist die Mutter
die letzte. Schreit eines der Küken, weil der Greifvögel es
erwischt hat, stürzt sich die Ente auf ihn. Sobald eine zum Angriff
übergegangen ist, kommen andere dazu und schauen zu, während sie
drohen. Befinde ich mich in der Nähe, stürzen die Warzenenten zu
mir und stellen sich hinter mich.
Meine Hündin wird nicht als Gefahr angesehen. Unser Rüde
dagegen ist eine Gefahr, die die Enten aber nicht als solche
ansehen. Er sieht meiner Hündin sehr ähnlich und darf sich nie
frei im Gelände bewegen. Begegnungen sind daher nur vor der Küchentür
möglich, wo er in der Küche angebunden wird und durch die offene Tür
nach draußen gehen kann. Kommt eine Ente vorbei, versucht er nach
ihr zu schnappen. Die Warzenenten machen dann einen kleinen Satz zur
Seite ohne die Flügel zu
verwenden, gerade so weit, daß er sie zwar mit der Nase berühren,
aber nicht beißen kann. Sie scheinen ihn als Gefahr nicht ernst zu
nehmen.
Zwei meiner Enten gingen 1991 und 1992 mit ihren jeweiligen
Jungen zu einem unserer Nachbarn, die einen kleinen Teich und ein
Schwimmbad besitzen. Die beiden Nachbarshunde, ein Schäferhund und
ein Französischer Hirtenhund, bewachten meine Enten dann vor mir,
so daß es mir nicht möglich war, sie aus dem Schwimmbad und dem
fremden Garten zu entfernen. Sie haben nie eine der Enten verletzt,
auch nicht, als eine versehentlich bei den ersten Flugübungen in
ihren Zwinger fiel und sie niemand dort sah. Der Nachbar war sehr
erstaunt, daß, als er am nächsten Morgen seine Hunde aus dem
Zwinger lassen wollte und mit ihnen eine völlig unverletzte Ente
aus der Hundehütte kam.
Anders verlief die Begegnung von Berti mit seinen Enten an der
Ache mit zwei Deutschen Jagdhunden, die ebenfalls in unserer Straße,
ca. 1 km flußabwärts von uns, wohnen. Sie verfolgten die Enten
sogar schwimmend und verletzten Berti, der sich nach Aussagen einer
Zeugin, immer wieder zwischen die Hunde und seine Enten stellte, so
schwer, daß er ertrank. Wenn jetzt die Besitzer mit diesen beiden
Hunden auf der Straße beim Spazierengehen vorbeikommen, verstecken
sich die Enten. Auch Enten, de damals nicht dabei waren, zeigen beim
Anblick der beiden Angst.
Ich nehme daher an, daß sie die verschiedenen Hunde individuell
unterscheiden können und daß sie in der Lage sind, sich
untereinander deren Gefährlichkeit oder auch Freundlichkeit
mitzuteilen.
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