Erdmuthe Farthofer
c)
Aufzucht der Küken
Die Warzenentenküken schlüpfen, anders als Küken anderer
Hausenten, die nach 28 Tagen schlüpfen, erst nach 35 Tagen. Während
dem Schlupf verläßt die Ente das Nest nicht. Bei den ersten Malen,
wenn sie das Nest verläßt, bleiben die Küken zurück, die sich völlig
lautlos und ruhig verhalten, bis die Ente wiederkommt. Dann wird sie
mit eifrigem Geschnatter, wobei ihr alle Küken den Schnabel
entgegenstrecken, begrüßt. Die selben Laute und Bewegungen sind
auch später zu beobachten, wenn ein Küken, nachdem es den Anschluß
an seine Gruppe verloren hatte, diese wiedergefunden hat. Die Ente
antwortet den Küken. Nach spätestens drei Tagen lockt die Ente die
Küken aus dem Nest, was wenig Schwierigkeiten macht, da die Küken
hungrig sind und bereits an allem knabbern, was ihnen begegnet.
NEUERBURG UND PADEL (1992, pp.311) schreiben: "Ein
besonderes Problem besteht in der Trägheit der Flugenten. Sie müssen
deshalb anfangs mit viel List in Bewegung gehalten werden."
Leider schreiben sie nichts über die Stalleinrichtung, da mir
dieses Verhalten von meinen Tieren völlig unbekannt ist und daher
nur von extremer Langweile oder durch anatomische Defekte an den Läufen
herrühren kann.
Die Ente führt die Küken nun als erstes zum Wasser. Dabei muß
sie am ersten Tag erst lernen, daß die Küken nicht fliegen können
und sie daher selber auch zu Fuß gehen muß, wenn sie sie nicht
verlieren will. Wenn sie dann auf dem Wasser schwimmt, laufen die Küken
erregt am Ufer auf und ab und folgen ihr nur, wenn die Ente sehr
eifrig lockt und wenigstens eines versehentlich hineingefällt.
Die Küken machen beim ersten Schwimmen hektische Ruderbewegungen
wie ein Mensch, der Angst vor dem Wasser hat und sich nicht sicher
ist, ob er nicht untergeht. Nach kurzer Zeit baden sie mit den
selben Bewegungen wie die adulten Tiere. Sie tauchen durch den
ganzen Teich und verfolgen sich gegenseitig, sodaß man den Eindruck
erhält, daß sie miteinander spielen.
An der Futterrinne versucht die jeweilige Mutter für ihre Küken
durch Angriffe auf alle anderen Tiere (andere Warzenenten, Küken, Hühner
etc.) möglichst viel Platz zu schaffen. Je ranghöher die Ente ist,
desto aggressiver geht sie vor.
Je älter die Küken werden um so öfter übernehmen sie die Führung
und die Ente muß ihnen folgen. Sobald die Küken sie nicht mehr
sehen, stoßen sie das Verlassenheitsweinen aus, worauf die Ente
sofort antwortet und sich aufmerksam umsieht und wenn sie sie nicht
sofort entdecken kann hektisch zu suchen beginnt, wobei sie die Küken
die ganze Zeit ruft.
Bea begrüßt
ihre Küken, nachdem ich die Küken in den Stall getragen hatte.
Bea greets its ducklings, after I have carried the ducklings
into the stable.
Wachsam behält Bea mich im
Auge. - Bea is looking watchfully at me.
Im Alter von ca. 6 Wochen ist der Gruppenzusammenhalt nicht mehr
so eng. Die Küken rennen einzeln auf der Wiese hinter Fluginsekten
her, wobei sie sie mit beiden Augen fixieren und mit langem Hals,
vorgestrecktem Kopf und Schnabel hinter den Insekten herrennen.
Dabei können sie auch Haken schlagen. Haben sie das gejagte Insekt
erwischt oder aus den Augen verloren, lassen sie sich an Ort und
Stelle fallen, suchen mit den Augen die Wiese nach dem nächsten
Insekt ab, um dann wieder loszurennen. Zu diesem Zeitpunkt grasen
sie bereits. Zusätzlich bohren sie in der Wiese mit dem Schnabel
nach Regenwürmern und rennen, wenn sie einen erwischt haben auffällig
über die Wiese, weshalb sie sofort von anderen Küken verfolgt
werden, die versuchen ihnen die Beute abzujagen, was durchaus auch
geschehen kann.
Wenn sie müde werden legen sie sich auf einen Haufen zum
Schlafen. Ein Tier legt sich auf die Wiese. Das nächste das kommt,
legt sich neben dieses mit der einen Flanke an das erste gepreßt.
Fast immer liegt es mit dem Kopf in die entgegengesetzte Richtung zu
der des ersten Kükens. Wenn dann einige so beisammenliegen, legen
sich die folgenden im rechten Winkel dazu, immer mit direktem Körperkontakt.
Die darauf folgenden legen sich auf die anderen oben drauf. Nur die
Köpfe der unteren schauen noch heraus. Die Mutter der Küken stellt
oder legt sich in einem Abstand bis zu zwei Metern neben den Haufen.
Je jünger die Küken, um so kleiner ist der Abstand zu dem Kükenhaufen.
Bei Küken, die unter drei Wochen alt sind, liegt die Ente mit Körperkontakt
zu ihnen, oder hudert sie.
In der Zeit von 1300 Uhr bis ca. 1600 Uhr
herrscht Mittagsruhe. Nur selten steht während diesem Zeitraum mal
ein Küken auf, geht zum Wasser oder Futter oder fängt ein Insekt
und kehrt anschließend zu seinem Haufen zurück.
Wenn es kälter ist, liegen die Jungen unter der Ente, die mit
etwas herunter hängenden Flügeln hinstellt und die Küken unter
sich kriechen läßt. Auch bei Regen verhält sie sich so. Nur die
wenigsten Enten haben erkannt, daß sie die Küken schnellst möglichst
in den Stall führen sollten, damit diese nicht so naß werden.
Amanda, Bienchen, die Negerfüße, Schecki und die Schwarze können
das. Sie lassen mich auch bei einem plötzlichen Gewitter ihre
Jungen in den Stall tragen. Bea dagegen hat bei einem ihrer Gelege,
als ich nicht da war, fast alle Küken bis auf sieben verloren, weil
sie zu spät in Richtung Stall losgegangen war. Als ich kam, konnte
ich ihren Weg anhand der
toten oder fast toten Küken, die als Spur auf der Wiese lagen,
nachvollziehen. Nur zwei hatte sie selber bis zum Stall gebracht. Fünf
konnte ich durch abtrocknen, rubbeln und unter einer Wärmelampe
wieder zum Leben erwecken. Sie bekamen dann eine Lungenentzündung,
die ich mit Oxytetrazyklin, Wärmelampe und eingesperrt lassen
behandelt und geheilt habe.
Bea führt
ihre Küken in den Stall. - Bea leads its ducklings into the
stable.
Amanda
hudert ihre Küken im Stallgang.
Amanda with its ducklings under itself in the stable-corridor.
Bea hat ihr Gefieder etwas
abgespreizt, da sich einer meiner Brüder ihr nähert. Sie stellt
ihre Haube nicht auf, weil sie ihn kennt.
Bea has spread up its feathers a little bit, because one of
my brothers is comming near it. It does not put up its crest,
because it knows him.
Bea beachtet
Bubis Werbung nicht. - Bea does not look at the courting
of Bubi.
Wenn die Küken so weit befiedert sind, daß nur noch die gesamte
Befiederung der Flügel fehlen (Enten mit durchschnittlich 12 Wochen,
Erpel erst mit 14 bis 16 Wochen), beginnt sich die Mutter von ihnen zu lösen.
Sie läßt sie über immer längere Zeiträume alleine. Sie schließt sich
nun wieder den adulten Tieren an und balzt mit dem Erpel. Sie läßt sich
auch wieder treten.
Wenn die Küken 16 bis 18 Wochen alt sind, sind sie selbständig. Sie können
noch nicht richtig fliegen und üben sich nun darin, indem sie unter Flügelschlagen
über die Wiese rennen. Luftsprünge machen und es langsam schaffen kurze
Strecken zu flattern.
Ab der 20. Woche können die ersten fliegen. Nun fliegen sie, wie es
scheint zum Spaß, ums Haus, vom Stall auf die obere Wiese oder umgekehrt.
Dabei kann es leicht zu Verletzungen kommen, da die Jungen noch nicht so
sicher beim Umfliegen von Hindernissen und beim Landen sind.
Bienchen hat sich am 29. November 1990 wahrscheinlich dabei im
Gartenzaun den Unterschnabel gebrochen. Der Tierarzt klebte ihn von unten
mit einer Kunststoffmasse, die normalerweise zum Verkleben beschädigter
Pferdehufe gedacht ist, und die sehr schnell aushärtet. Die
Kunststoffmasse wurde im Schnabel über die Lamellen des Unterschnabels
gestrichen und entlang des gesamten Unterschnabels von außen. Bienchen
konnte anfangs nicht selbstständig feste Nahrung aufnehmen, weshalb ich
sie mit adaptierter Babymilch für Kinder über 12 Monate fütterte. Zusätzlich
wurde sie mit Babybrei gefüttert. Schon nach einer Woche konnte sie mit
der Schiene selber fressen. Am 8. Januar wurde die Schiene aus Kunststoff
mit einem Zahnarztbohrer wieder entfernt. Der Schnabel war verheilt. Es
blieb nur eine Verdickung sichtbar. Durch diese Sonderbehandlung ist
Bienchen extrem zahm. Ich kann sie jeder Zeit auf der Wiese hochheben, in
ihren Schnabel schauen oder ihre Flügel auseinander falten, ohne daß ich
sie dabei festhalten muß.
Die jungen Enten bilden jetzt Gruppen, die nicht mehr nur aus
Geschwistern bestehen, sondern auch aus Freunden.
Die jungen Erpel unternehmen alles gemeinsam. Sie sind sehr neugierig
und machen alles nach, was einer der Gruppe vormacht. So erobern sie die
Garage, wo sie alle Borde inspizieren, in alle Eimer schauen, Eimer, die
Deckel haben, zu öffnen versuchen und in alle möglichen Löcher ihre Köpfe
stecken. Sie klettern auf Bäumen herum, wandern zur Ache (das
Hinunterfliegen trauen sie sich noch nicht), wandern durch den Wald, wobei
sie alles in den Schnabel nehmen, was sie finden.
Erstaunlicherweise habe ich noch keinen nachgewiesenen Todesfall durch das
Fressen giftiger Pflanzen (z.B. Herbstzeitlose, Tollkirsche, Eibe etc.)
oder Alpensalamander gehabt. Keine meiner Enten rührt die Salamander an.
Sie stehen um so ein Tier herum, wenn sie es entdecken, berühren es aber
nicht einmal mit dem Schnabel.
Die jungen Enten bilden kleinere Gruppen aus zwei bis sieben Enten, die
ähnlich neugierig wie die Erpel ihre Umwelt erkunden. Sie fliegen viel
besser und mehr als die Erpel. Beim Abfliegen so einer Gruppe reißen sie
öfters auch Tiere mit, die eigentlich noch nicht so weit sind und dann
leicht abstürzen.
Bienchen steht nach dem
Baden in der Badewanne völlig ohne Anzeichen von Angst auf meinem
Oberschenkel.
Bienchen is Standing without any sign of fear on my thigh,
after swimming in the bath-tub.
Bienchen schüttelt
ihr Gefieder, während sie dicht neben mir steht.
Bienchen is shaking its feathers, while it is standing tight to me.
Erst im Verlaufe des Herbstes und Winters bekommen die jungen Enten das
für diese Art typische federlose Gesichtsfeld und die Warze am Ansatz des
Oberschnabels. Im darauffolgenden Frühjahr sind sie geschlechtsreif.
Junge, die erst in der zweiten Hälfte des Jahres geschlüpft sind, werden
erst gegen Ende des folgenden Sommers geschlechtsreif.
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